Präambel
Mit dieser Vorgabe sollen im Bereich des Diakonischen Werks Württemberg e. V. die Möglichkeiten erweitert werden, die Arbeitsorganisation in den Einrichtungen zu flexibilisieren. Ziel des Wechsels zwischen der Arbeit in der Dienststelle und der Arbeit im Privatbereich ist es, durch die räumliche Flexibilisierung der Arbeitsorganisation
- die Arbeitszufriedenheit und Mitarbeitendenmotivation zu erhöhen,
- die Vereinbarkeit von Beruf und individueller Lebensführung zu fördern und
- einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten.
Die Regelung zu mobilem Arbeiten und zu Telearbeit soll dazu beitragen, die Arbeitsplätze in den diakonischen Einrichtungen modern und attraktiv zu gestalten. Es wird ein rechtlicher Rahmen für mobiles Arbeiten und Telearbeit geschaffen, der durch betriebliche Regelungen, insbesondere Dienstvereinbarungen, weiter ausgefüllt werden muss. Ziel der Vorgabe ist es:
- die Entgrenzung der Arbeit und eine Überforderung der Mitarbeitenden zu verhindern,
- sichere und gesunde Arbeitsbedingungen zu gewährleisten,
- den kollegialen Austausch unter den Mitarbeitenden zu erhalten und
- effektive Arbeitsabläufe sicherzustellen.
§ 1 Geltungsbereich
Diese Arbeitsrechtsregelung gilt für alle Träger diakonischer Einrichtungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 bzw. Nr. 3 der Satzung des Diakonischen Werks der evangelischen Kirche in Württemberg e. V., die den Arbeitsverträgen mit ihren privatrechtlich angestellten Mitarbeitenden die AVR.Württemberg – Erstes, Zweites und Fünftes Buch – zugrunde legen.
§ 2 Begriffsbestimmungen
(1) „Mobiles Arbeiten“ im Sinne dieser Regelung ist das Erbringen eines Teils der geschuldeten Arbeitsleistung außerhalb der Betriebs- bzw. Arbeitsstätte unter der Verwendung eines vom Dienstgeber zur Verfügung gestellten mobilen Rechners, ggf. unter Nutzung weiterer Peripheriegeräte.
(2) „Telearbeit“ im Sinne dieser Regelung ist das Erbringen eines Teils der geschuldeten Arbeitsleistung an einem vom Dienstgeber eingerichteten Telearbeitsplatz im Sinne des § 2 Abs. 7 ArbStättVO im Privatbereich des Mitarbeitenden.
(3) „Mitarbeitende“ im Sinne dieser Regelung sind die in § 1 genannten Mitarbeitenden.
(4) „Dienstgeber“ sind die Trägerinnen und Träger diakonischer Einrichtungen gemäß § 1.
(5) „Peripheriegeräte“ im Sinne dieser Regelung sind insbesondere Bildschirme, Smartphones, Dockingstationen, Tastaturen, Mäuse und Headsets.
§ 3 Grundsätze
(1) Das Aufgabengebiet des Mitarbeitenden muss für mobiles Arbeiten und Telearbeit geeignet sein. Nähere Festlegungen zu den geeigneten Arbeitsplätzen sind in der Dienstvereinbarung nach § 4 zu treffen.
(2) Mobiles Arbeiten und Telearbeit können nicht durch den Dienstgeber angeordnet werden.
(3) Die Entscheidung über die Bewilligung von mobilem Arbeiten und Telearbeit trifft der Dienstgeber nach pflichtgemäßem Ermessen unter angemessener Berücksichtigung der persönlichen und dienstlichen Belange.
Protokollnotiz:
Ist das Aufgabengebiet des Mitarbeitenden für mobiles Arbeiten oder Telearbeit geeignet, bedarf die Ablehnung der Bewilligung eines sachlichen Grundes.
(4) Die Bewilligung von mobilem Arbeiten setzt kein besonderes schutzwürdiges Interesse des Mitarbeitenden voraus. Für die Bewilligung von Telearbeit können in der Dienstvereinbarung nach § 4 besondere persönliche Voraussetzungen vereinbart werden.
(5) Mobiles Arbeiten und Telearbeit dürfen nicht mit den dienstlichen Interessen kollidieren. Insbesondere muss die für die üblichen Abläufe erforderliche Mitarbeitendenpräsenz und eine Mindestpräsenz des Mitarbeitenden am Arbeitsplatz gewährleistet sein. Nähere Festlegungen zum zeitlichen Umfang von mobilem Arbeiten und Telearbeit sind in der Dienstvereinbarung nach § 4 zu treffen.
(6) Bei mobilem Arbeiten muss der Mitarbeitende in der Lage sein, eine Arbeitsmöglichkeit in geeigneten Räumlichkeiten zu schaffen, die den technischen, arbeitsschutzrechtlichen und datenschutzrechtlichen Anforderungen genügt. Mobiles Arbeiten kann auch außerhalb der eigenen Wohnräume erfolgen (z. B. im Zug oder in anderen Wohnräumen). In diesem Fall ist in besonderem Maß auf die Einhaltung der Anforderung an den Datenschutz und die Datensicherheit (§ 10) und an den Arbeitsschutz (§ 11) zu achten.
(7) Bei Telearbeit muss der Mitarbeitende bereit und in der Lage sein, einen häuslichen Arbeitsplatz in seinen Wohnräumen zur Verfügung zu stellen, der den arbeitsschutzrechtlichen, technischen und datenschutzrechtlichen Voraussetzungen genügt. Nähere Festlegungen hierzu können in der Dienstvereinbarung nach § 4 getroffen werden.
(8) Die technische Ausstattung für mobiles Arbeiten und Telearbeit ist durch den Dienstgeber zur Verfügung zu stellen. Der Dienstnehmer hat einen ausreichend dimensionierten Internetzugang und einen Telefonanschluss (Festnetz oder mobil) vorzuhalten.
§ 4 Dienstvereinbarung
(1) Der Dienstgeber und die zuständige Mitarbeitendenvertretung haben im Falle der Einführung von mobilem Arbeiten und Telearbeit im Rahmen dieser Vorgabe in einer Dienstvereinbarung mindestens festzulegen,
- welche Aufgabengebiete sich in der jeweiligen Einrichtung für mobiles Arbeiten und Telearbeit eignen,
- in welchem zeitlichen Umfang mobiles Arbeiten und Telearbeit in der jeweiligen Einrichtung zugelassen werden,
- ob ein bestimmter zeitlicher Rahmen oder feste Tage für mobiles Arbeiten und Telearbeit vorgesehen werden,
- mit welchen technischen Einrichtungen der Zugriff des Mitarbeitenden auf die IT-Infrastruktur des Dienstgebers erfolgt,
- ob und in welchem Umfang für mobiles Arbeiten Peripheriegeräte zur Verfügung gestellt werden und
- ob und für welche Bereiche dem Dienstgeber aus dringenden betrieblichen Gründen ein Rückholrecht aus dem mobilen Arbeiten oder aus der Telearbeit für einen bestimmten Zeitraum und unter einer festgelegten Vorankündigungsfrist zustehen soll.
Protokollnotiz:
Beträgt der zeitliche Umfang an mobiler Arbeit regelmäßig mindestens zwei Tage pro Woche im häuslichen Umfeld und sind zur effektiven Wahrnehmung der übertragenen Tätigkeit neben dem mobilen Rechner ein zweiter Bildschirm sowie ggf. weitere Peripheriegeräte erforderlich, so sollen (Ausnahmen nur in begründeten Fällen) diese auf Wunsch des Mitarbeitenden zur Verfügung gestellt werden.
(2) In der Dienstvereinbarung kann darüber hinaus insbesondere geregelt werden,
- ob für die Bewilligung von Telearbeit ein besonderes schutzwürdiges Interesse des Mitarbeitenden gefordert wird,
- ob und in welchem Umfang bei unterhälftiger Teilzeit mobile Arbeit und Telearbeit zugelassen werden,
- ob vor der Bewilligung von mobilem Arbeiten und Telearbeit ein bestimmter Zeitraum an Präsenztätigkeit gefordert wird,
- wie die Erreichbarkeit des Mitarbeitenden sichergestellt wird,
- ob ergänzenden Anforderungen an den häuslichen Arbeitsplatz gestellt werden und
- ob und in welchem Umfang eine private Nutzung der dienstliche Rechner und Peripheriegeräte gestattet ist.
(3) Besteht in einer Einrichtung keine Mitarbeitendenvertretung, so sind die erforderlichen Festlegungen in der Vereinbarung nach § 5 Abs. 2 zu treffen.
§ 5 Verfahren
(1) Die Bewilligung von mobilem Arbeiten und Telearbeit ist in Textform zu beantragen.
(2) Die Bewilligung erfolgt durch eine Vereinbarung in Textform zwischen dem Dienstgeber und dem Mitarbeitenden. Hierzu ist das Muster gemäß Anlage zur Dienstvereinbarung nach § 4 zu verwenden.
(3) Mobiles Arbeiten und Telearbeit werden unbefristet vereinbart. Die Vereinbarung kann von beiden Seiten mit einer Frist von drei Monaten in Textform gekündigt werden. Die Kündigung bedarf eines sachlichen Grundes.
(4) Die beiderseitige Möglichkeit zur Kündigung der Vereinbarung aus wichtigem Grund bleibt unberührt.
§ 6 Unterrichtung der Mitarbeitendenvertretung
(1) Der Dienstgeber hat die zuständige Mitarbeitendenvertretung über jeden Antrag auf Bewilligung von mobilem Arbeiten und Telearbeit sowie über jede beabsichtigte Kündigung einer entsprechenden Vereinbarung zu unterrichten.
(2) Beabsichtigt der Dienstgeber die Ablehnung eines Antrags auf Bewilligung von mobiler Arbeit und Telearbeit, so unterrichtet er die Mitarbeitendenvertretung hierüber rechtzeitig.
§ 7 Kostentragung
(1) Für mobile Arbeit trägt der Mitarbeitende die Kosten für Mobiliar, Strom, Heizung, Beleuchtung, Reinigung, Leitungsverbindung etc. Der Dienstgeber trägt die Kosten für die technische Ausstattung nach § 2 Abs. 1 einschließlich Sichtschutzfolien. (2) Bei Telearbeit stellt der Mitarbeitende einen ständig nutzbaren Arbeitsplatz in seiner Wohnung zur Verfügung. Er trägt die Kosten für Strom, Heizung, Beleuchtung, Reinigung etc. und der Leitungsverbindung. Der Dienstgeber trägt die Kosten für die technische Ausstattung nach § 2 Abs. 2 sowie für das erforderliche Mobiliar; Geräte und Mobiliar verbleiben im Eigentum des Dienstgebers. Das Mobiliar kann unentgeltlich auch durch den Mitarbeitenden bereitgestellt werden.
§ 8 Betriebliche Arbeitsstätte
Für die in der Einrichtung zu leistende Arbeit (Präsenztätigkeit) ist dem Mitarbeitenden ein geeigneter Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Ein Anspruch auf einen persönlichen Arbeitsplatz besteht nicht.
§ 9 Arbeitszeit, Vertretung, Erreichbarkeit
(1) Für mobiles Arbeiten und Telearbeit gelten die jeweils anwendbaren Arbeitszeitregelungen. Insbesondere sind die Regelungen zu Ruhezeiten und zur maximalen täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit einzuhalten. Der Mitarbeitende ist verpflichtet, seine Arbeitszeit nach den Regeln des in der jeweiligen Einrichtung geltenden Zeiterfassungssystems zu erfassen.
(2) Mobiles Arbeiten und Telearbeit gelten nicht als Abwesenheitszeit und lösen grundsätzlich nicht den Vertretungsfall aus.
(3) Die Erreichbarkeit des Mitarbeitenden muss in hinreichendem Maß gewährleistet sein. Art und Umfang der Erreichbarkeit werden in der Vereinbarung nach § 5 Abs. 2 festgelegt.
(4) Außerhalb der jeweils geltenden Arbeitszeit besteht keine Verpflichtung des Mitarbeitenden, erreichbar zu sein.
§ 10 Datenschutz, Verhaltensregeln, Geheimhaltung
(1) Die Bestimmungen des Datenschutzrechts gelten auch für mobile Arbeit und Telearbeit. Auf den Schutz von Daten gegenüber Dritten ist besonders zu achten. Der Mitarbeitende hat sicherzustellen, dass Unbefugte zu keiner Zeit eine Zugriffsmöglichkeit auf die dienstliche Informationstechnologie und dienstliche Unterlagen haben.
(2) Insbesondere hat der Mitarbeitende dafür zu sorgen, dass bei mobiler Arbeit und Telearbeit
- die Rechner bei Nichtnutzung gesperrt sind (PIN/Bildschirmsperre/Abmelden),
- bei Arbeitsunterbrechungen und nach Arbeitsende nicht auf dienstlichen Unterlagen oder Datenträger zugegriffen werden kann,
- Rechner, dienstliche Unterlagen und Datenträger beim Transport vor Verlust geschützt werden und
- Sichtschutzfolien verwendet werden, sofern ein Einblick durch Dritte nicht ausgeschlossen werden kann.
(3) Der Dienstgeber hat den Mitarbeitenden über die Vorschriften zum Datenschutz und zur Datensicherheit bei mobiler Arbeit und Telearbeit in geeigneter Weise zu unterweisen.
(4) Private Drucker dürfen nicht an den dienstlichen Rechner angeschlossen werden.
§ 11 Arbeitsschutz
(1) Die Bestimmungen über den Arbeitsschutz gelten auch bei mobilem Arbeiten und Telearbeit.
(2) Der Dienstgeber hat den Mitarbeitenden über die Vorschriften zum Arbeitsschutz bei mobiler Arbeit und Telearbeit gemäß § 12 ArbSchG in geeigneter Weise zu unterweisen.
(3) Der Dienstgeber hat im Zusammenhang mit der Bewilligung von mobilem Arbeiten und Telearbeit eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen.
(4) An der Prüfung des häuslichen Arbeitsplatzes hat der Mitarbeitende auf Verlangen des Dienstgebers durch geeignete Maßnahmen mitzuwirken (z. B. durch eine Fotodokumentation). Darüber hinaus hat der Mitarbeitende die Prüfung des häuslichen Arbeitsplatzes durch Beauftragte des Dienstgebers zu dulden. Den Beauftragten ist ein Zutrittsrecht nach vorheriger Terminabsprache einzuräumen.
§ 12 Haftung
Für Beschädigung und Untergang der zur Nutzung am häuslichen Arbeitsplatz überlassenen Gegenstände haften der Mitarbeitende und die mit diesem in häuslicher Gemeinschaft lebenden Personen nur bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz.
§ 13 Benachteiligungsverbot
Mobiles Arbeiten und Telearbeit dürfen sich nicht nachteilig auf den beruflichen Werdegang des Mitarbeitenden auswirken. Mitarbeitenden, die nicht mobil oder in Telearbeit arbeiten, dürfen hieraus keine Nachteile entstehen.